Gestern standen an meiner Bushaltestelle zwei Missionare, mit denen ich mich unterhalten hatte. Ein Missionar kam aus Utah, der andere aus Kalifornien, und war ein Frischling. Bevor der Bus kam, machte ich mit beiden einen Termin für den heutigen Tag aus, und sie kamen pünktlich. Ich hatte ihnen bewusst nicht meine Geschichte erzählt, und so fingen sie mit ihrer Standardlektion an. Danach durfte ich einige Fragen stellen. So fragte ich die Missionare, was sie zu den Ungereimtheiten in der Geschichte der Ersten Vision sagen würden, die ich (so die Legende) im Internet gefunden hätte? Nämlich, dass es VOR Joseph Smith in seiner Wohngegend Menschen gab, die Ähnliches wie er behaupteten. Das Smith die Geschichte der Ersten Vision mehrmals änderte, und, dass auch einige Begleitumstände nicht der Faktenlage entsprachen, wie etwa:
• Das es in der Wohngegend von Smith erst im Winter 1923/24 eine Erweckungsbewegung gab
• Das Smith bis 1828 Mitglied der Methodisten blieb
• Das die Mutter von Smith ihrem Bruder vom hervorkommen des Buches Mormon, nicht aber von der Ersten Vision erzählte
• Und das diese Erste Vision erst bekannt wurde, nachdem das Buch Mormon veröffentlicht werden sollte.
Die Missionare wussten darauf keine Antwort. Und was tun Missionare, wenn sie keine Antwort haben? Richtig, sie geben ihr Zeugnis! Dann wechselte ich das Thema, und stellte andere Fragen:
1. Wie ist die Position der Frau in der Kirche? Antwort: Sie unterstützt das Priestertum.
2. Wie ist die Position zur Homosexualität? Antwort: Man kann es sein, darf es aber nicht ausleben
3. Wie steht die Kirche zum Feminismus? Antwort: Der Feminismus ist gegen die „göttliche“ patriarchalische Ordnung, und daher verdammenswürdig
4. Wie geht die Kirche mit Kritikern um? Antwort: Sie lässt jedem seine Meinung, doch, wenn der Prophet gesprochen hat, gibt es nur eine Meinung, die zählt
Dann erzählte ich meine Geschichte, ohne zu erwähnen, dass es meine Geschichte war, und, welche Kirche daran beteiligt war. Und ich bat beide, zu urteilen, ob dieses Verhalten christlich, unchristlich, oder „normal“ wäre, und, wie ihre Kirche, die Mormonen, damit umgehen würde. Ich merkte schnell, dass diese Fragen die beiden Missionare überforderte, und sie nicht wussten, was sie mir, der potentiellen Untersucherin, sagen sollten. Nach einer Pause sagte der Kalifornier, dass so etwas in seiner Kirche wohl nie vorkommen würde. Und das er dieses Verhalten für unchristlich halten würde, das aber seine persönliche Meinung sei. Dann sagte ich beiden, das es sich um meine Geschichte handelte, und die Kirche ihre eigene Kirche wäre, und ich zeigte ihnen das Church Handbook of Instructions (Ausgaben 1999 und 2006, Volume 1) und, was dort über Transsexualität stand, und zudem einige Briefe von Mitgliedern, die ausgrenzend und verurteilend waren. Also für beide Missionare ein Stück Realität! Ein Stück Realität, dass sie anscheinend nicht ertragen konnten, denn sie packten ihre Sachen, und gingen, jedoch nicht, bevor sie (trotzig) mir ihr Zeugnis gaben. Ich bin sicher, sie haben auf ihrem Nachhauseweg alles getan, um mich als Lügnerin, und ihren Glauben als wahren Glauben hinzustellen, denn nur so funktioniert ihr Dissonanz-Management! Sie tun mir nur Leid!
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